Jüdische Kulturtage Taubertal: Spurensuche, Stolpersteine, ein Film und hochkarätige Musik

Veröffentlicht am Freitag, 19. April 2024
Das virtuose „Jerusalem Duo“ eröffnet die diesjährigen Jüdischen Kulturtage Taubertal musikalisch. (Bild: Yifat Yogev)
Das virtuose „Jerusalem Duo“ eröffnet die diesjährigen Jüdischen Kulturtage Taubertal musikalisch. (Bild: Yifat Yogev)

Am Freitag, 3. Mai, beginnen die Jüdischen Kulturtage Taubertal 2024. Das Programm umfasst an insgesamt fünf Tagen Veranstaltungen in Bad Mergentheim, Creglingen, Igersheim und Niederstetten.

Fast 80 Jahre nach dem Ende von Naziterror und Zweitem Weltkrieg macht die Reihe damit erneut jüdische Kultur erlebbar und vermittelt politisch-historisches Wissen an alle Generationen und über Gemeindegrenzen hinweg. Sie sieht sich dabei nicht nur einem Bildungsauftrag verpflichtet, sondern will auch ein Dialogforum öffnen und Impulse für gelingendes Miteinander, Menschenrechte und Demokratie aussenden. Aus dieser Motivation heraus hat das jüdische Ehepaar Adele und Roy Igersheim aus Maryland, USA, die Jüdischen Kulturtage Taubertal vor 14 Jahren initiiert. Die beiden haben auch in diesem Jahr die Schirmherrschaft inne – gemeinsam mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.

Zur Eröffnung gibt es am Freitag, 3. Mai, ein Konzert mit dem „Jerusalem Duo“ in der evangelischen Jakobskirche in Niederstetten: hochvirtuos, originell, inspiriert. Harfenistin Hila Ofek und Saxophonist Andre Tsirlin nehmen das Publikum mit auf eine musikalische Reise. Mit eigenen Stücken ebenso wie Klezmer Traditionals geht das Jerusalem Duo seinen Wurzeln in Klassik und Klezmer nach: mit Werken aus Israel sowie klassischen Meisterwerken von Antonio Vivaldi, Ernst Bloch und Fritz Kreisler bis hin zu Astor Piazzolla und den Beatles. Zuhörerinnen und Zuhörer dürfen sich auf zwei Musizierende freuen, die ihr Publikum durch ihr Können und ihre sympathisch-informative Moderation sofort für sich begeistern. Das Konzert beginnt um 20 Uhr, Karten kosten 18 Euro.

Unterwegs auf dem "Tachelespfad"

Mit einem geführten Stadtspaziergang auf dem Niederstettener „Tachelespfad“ geht es am Samstag, 4. Mai, um 16 Uhr weiter. Roland Silzle führt im Namen des Arbeitskreises Tacheles entlang der sechs Stationen des Pfades. Dieser geht zurück auf Pfarrer Umfrid, der im März 1933 „Tacheles“ redete und die Misshandlungen jüdischer Bürgerinnen und Bürger offen zur Sprache brachte. Die Teilnehmenden erfahren Interessantes zur Heimat und Stadtgeschichte unter besonderer Berücksichtigung des jüdischen Lebens in Niederstetten. Die Wegstrecke von 900 Metern in knapp 90 Minuten eignet sich auch für Menschen mit leichter Gehbehinderung. Treffpunkt ist der Kirchturm der Evangelischen Jakobskirche, der Eintritt ist frei.

Das Jüdische Museum Creglingen bietet am Sonntag, 5. Mai, eine Filmvorführung an unter dem Titel „Wenn lang die Bilder schon verblassen“. In dem Dokumentarfilm werden Szenen aus dem NS-Propagandafilm „Theresienstadt“ mit der erlebten Wirklichkeit eines Zeitzeugen, des dänischen Juden Salle Fischermann, verglichen. Der Dokumentarfilm wurde von der Filmgruppe der Oskar-von-Miller-Realschule in Rothenburg ob der Tauber erstellt. Veranstaltungsort ist das Jüdische Museum (Badgasse 3). Die Filmvorführung kann kostenfrei besucht werden und beginnt um 19 Uhr.

Zeichen der Versöhnung

Am Montag, 6. Mai, werden in der Bad Mergentheimer Kernstadt sowie im Stadtteil Eidelfingen weitere Solpersteine verlegt. Katja Demnig verlegt um 11.30 Uhr die Stolpersteine in Erinnerung an die Opfer der NS-Diktatur Jeanette und Leopold Weißburger in der Oberen Mauergasse der Kurstadt sowie sechs weitere Stolpersteine an vier Stellen in Edelfingen (beginnend um 14.30 Uhr im Bereich Alte Frankenstraße). Die Stolpersteinverlegungen, die von der Kaufmännischen Schule Bad Mergentheim veranstaltet und organisiert werden, können als öffentliche Veranstaltungen bei freiem Eintritt verfolgt werden.

Am Abend dieses Tages greift ein Vortrag im Residenzschloss Mergentheim das Thema noch einmal auf. Unter dem Titel „Denk-Mal – Stolpersteine als Zeichen der Erinnerung und Versöhnung“ sprechen drei Referierende auf Einladung der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg: Katja Demnig, die Ehefrau des Künstlers Gunter Demnig, der als „Vater der Stolpersteine“ gilt; Roy Igersheim, amerikanischer Jude mit deutschen Vorfahren – und Klaus Huth vom Verein Stolpersteine Bad Mergentheim. Alle drei werden ihre persönliche Perspektive zum Thema Stolpersteine schildern. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.

Auf die „Spuren jüdischen Lebens“ können sich Interessierte am Dienstag, 7. Mai, begeben. Unter dieser Überschrift findet eine Ortsführung durch Igersheim statt, die von der Gemeinde Igersheim veranstaltet wird. Mit der Deportation der letzten fünf Menschen jüdischen Glaubens aus Igersheim in den Tod ging eine lange jüdische Ortsgeschichte zu Ende. Heimathistoriker Ulrich Dallmann bringt seinen Zuhörerinnen und Zuhörern im Rahmen einer Ortsführung die Geschichte der Jüdinnen und Juden in Igersheim näher. Die Führung ist kostenfrei und beginnt um 17 Uhr auf dem Möhlerplatz vor dem Rathaus.

Film "Sarahs Schlüssel"

Mit einem Literaturkino am Abend des gleichen Tages enden die diesjährigen Jüdischen Kulturtage Taubertal. Gezeigt wird der Film „Sarahs Schlüssel“ von Tatiana des Rosney. Die zehnjährige Jüdin Sarah wird im Sommer 1942 bei der Deportation durch die französische Polizei von ihren Eltern getrennt. Nach angstvollen Tagen im Lager gelingt ihr die Flucht. Sarah ist beherrscht von einem einzigen Gedanken: Sie muss ihren kleinen Bruder retten, den sie zu Hause im Wandschrank versteckt hat. Bei der Rückkehr in ihre Pariser Wohnung erlebt sie einen Schock. Fast siebzig Jahre später recherchiert eine Journalistin die Folgen der Razzia. Der Film beginnt um 19.30 Uhr im Kino „Movies“ im Bad Mergentheimer Activ Center in der Johann-Hammer-Straße (Eintritt 7 Euro).

Karten für alle eintrittspflichtigen Veranstaltungen gibt es an der jeweiligen Abendkasse. Außerdem können Eintrittskarten für das Jerusalem Duo auch online erworben werden unter www.okticket.de; Karten für das Literaturkino sind auf Wunsch im Netz erhältlich unter www.kino-bad-mergentheim.de. Die sieben öffentlichen Veranstaltungen der Jüdischen Kulturtage werden noch durch nicht öffentliche Formate, beispielsweise Gespräche mit Schülerinnen und Schülern sowie weitere Schulveranstaltungen, ergänzt. Alle Informationen bündelt ein kompakter Informationsflyer. Er ist an verschiedenen öffentlichen Stellen erhältlich und über die Internetseiten der Kommunen und Veranstalter abrufbar.